Das Reformatorische

Der Regard protestant von K. G. Marhoffer (5.2.1017)

Gerne beschreiben Theologen das „Reformatorische“, indem sie es auf Formeln reduzieren. Eine vergleichende Darstellung der Wittenberger (Luther), Züricher (Zwingli) und Genfer Reformation (Calvin) bringt eine große Zahl von Übereinstimmungen, die in der Leuenberger Konkordie von 1973 noch einmal festgehalten wurden. Zum Beispiel : Das Wort.

Reformation beginnt mit der Erkenntnis, dass die Verkündigung des Wortes Gottes als Wort Gottes das schafft, was es verheißt. Reformatorische Theologie wird erst da komplett, wo Luther, Zwingli und Calvin verstanden haben, wie Gott die Schuld vergibt und die Rechtfertigung im Einzelnen zur Wirkung kommt. Das geschieht durch sein Wort, das die neue Wirklichkeit verheißt und sie auch bewirkt. So zum Beispiel bei den Einsetzungsworten zum Abendmahl, durch deren Verkündigung aus der Verheißung Wirklichkeit wird. „Solches tut zu meinem Gedächtnis“ wird durch den Heiligen Geist zur Gegenwart Gottes. Die prägnanteste Formulierung stammt aus der reformierten Bekenntnisschrift „Confessio Helvetica Posterior“ : „Die Verkündigung des Wortes Gottes ist das Wort Gottes.“

Der Mensch kann zu dieser erneuten göttlichen Schöpfungstat nichts hinzutun, kann an ihr auch nicht mitwirken, sondern sie sich lediglich gefallen und geschehen sein lassen. Und Vergebung der Sünden und Annahme bei Gott ist weder ausschließlich ein juristischer Akt noch eine theologische Tatsache, die wir erst einmal zu verstehen hätten, bevor wir sie glauben können – Vergebung der Sünden und Annahme bei Gott ist eine komplette Neuschöpfung des Menschen, die sich in einem getrosten und fröhlichen Glaubensleben zeigt.

Reformation führt auf eine spürbare Lebenshaltung. Die eigentliche Probe dieses Glaubens ist : Getrost sterben zu können und sich nicht fürchten vor den Mächten dieser Welt (siehe Frage 1 im Heidelberger Katechismus).

Reformation ist Zentrierung auf Jesus Christus

Im Denken des Mittelalters spielten verschiedene Vermittlungsinstanzen eine zentrale Rolle : Heilige, ein heiligmäßiges Leben, fromme Stiftungen und kirchliche Institutionen. Die Reformation räumt alle solche Zwischeninstanzen zwischen Gott und Mensch ab : Pfarrer und Bischöfe (inzwischen auch Pfarrerinnen und Bischöfinnen) haben von der ganzen Gemeinde unter Fürbitte um den Heiligen Geist eine Funktion übertragen bekommen. Sie sind keine besonders befähigten Repräsentanten Christi, die der Gemeinde gegenüberstehen. Fromme Leistungen vermögen Gott nicht zu beeindrucken, sondern sind eine ganz selbstverständliche Frucht christlichen Glaubens oder sie sind gar nichts, und man kann mitten im Alltag dieser Welt – und nicht nur in Klöstern und religiösen Gemeinschaften – ein vorbildhaftes Leben als Christenmensch führen. Indem alle diese vermittelnden Instanzen entfallen, wird der Blick frei auf den Einen, der das Verhältnis der Menschen zu Gott wiederhergestellt hat : Jesus von Nazareth, der Christus Gottes.

Reformation – für Freiheit und Mündigkeit

Da das göttliche Wort sich in der Verkündigung des Evangeliums seinen Raum schafft, braucht es keine besonderen Instanzen zu seiner Auslegung wie ein kirchliches Lehramt. Jeder Christenmensch ist ein freier Herr und niemand untertan im Glauben. Alle miteinander sind an die Schrift gewiesen als dem Text, unter dessen Predigt sich Wort Gottes ereignet. Insofern ist Priester und Bischof im Grunde jeder und jede, die getauft sind. Von dieser theologischen Einsicht führen Linien zu neuzeitlichen Werten einer demokratischen Gesellschaft wie denen der Rede- und Gedankenfreiheit.

Der Autor ist Titularpastor der Protestanisch-Reformierten Kirche von Luxemburg

Veranstaltungen

Die Protestantisch-Reformierte Kirche lädt zu vier Treffen in der Passionszeit ein :

  • „sola scriptura“ (allein das Wort) : 14. März,
  • „sola fide“ (allein aus Glauben) : 21. März,
  • „sola gratia“ (allein aus Gnade) : 28. März,
  • „solus Christus“ (allein Christus) : 4. April,

jeweils um 18.30 Uhr, Reformierte Kirche, 11, rue de la Libération, Esch/Alzette.

 
Service Kommunikatioun a Press . Service Communication et Presse
Äerzbistum Lëtzebuerg . Archevêché de Luxembourg

© Verschidde Rechter reservéiert . Certains droits réservés
Dateschutz . Protection des données
Ëmweltschutz . Protection de l'environnement