In Finnland findet Allerheiligen immer an einem Samstag statt

Der Regard protestant von Katri Oldendorff (12.11.2016)

Es herrscht emsiges Treiben im Flur meiner Tante. Drei kleine Kinder ziehen sich ihre Schneeanzüge an, suchen ihre Mützen und Handschuhe. Stolpern übereinander und endlich aus der Tür hinaus. Es ist der 5. November und seit vier Tagen liegt auch im Heimatdorf meiner Familie in Südfinnland Schnee. Gerade genug, um Schneebälle zu formen und Schneeengel zu machen.

Endlich sind auch wir Erwachsenen fertig, folgen den Kindern, spazieren gemeinsam Richtung Friedhof und untergehender Sonne. Schon bald, spätestens nach 16.30 Uhr, wird es dunkel sein. Noch bis zum 21.12. werden die Tage kürzer und kürzer. Dieser Tage hievt sich die Sonne in Südfinnland für knapp acht Stunden über den Horizont, im Dezember nur noch für fünfeinhalb.

Je näher wir dem Friedhof kommen, desto mehr Leute strömen mit uns in dieselbe Richtung. Freundlich, doch leise und verhalten, grüßen sich die Menschen. Als wir endlich durch das Tor in der dicken Feldsteinmauer auf den Friedhof treten, strahlt uns in der Dämmerung ein Meer aus Kerzen entgegen. Auf beinahe jedem Grab flackert mindestens eine Grabkerze. Es ist Allerheiligen. Der Tag, an dem die Finnen ihrer Verstorbenen gedenken. Sie kommen von nah und fern und lassen den Friedhof im warmen, tröstlichen Lichtschein tausender Kerzen aufleuchten. Ein bewegendes, in den Himmel aufsteigendes Gebet.

Allerheiligen ist in Finnland ein gesetzlicher Feiertag, der immer auf einem Samstag liegt. Zwei Feste sind hier zusammengeschmolzen, das Fest zum Gedenken aller Heiligen und das Fest zu Ehren aller verstorbenen Gläubigen. Samstagabends finden in allen Gemeinden Andachten statt, in denen für jedes im vergangenen Jahr verstorbene Gemeindemitglied eine Kerze gezündet wird. Auch ihren woanders und schon früher verstorbenen Liebsten können die Gemeindemitglieder während der Andacht eine Kerze auf oder vor den Altar stellen. Allerheiligen hat so eine tiefe seelsorgerische Bedeutung. Es kommen Gedenken, Trauer, Abschied, und symbolisiert durch das Lichtermeer auf den Friedhöfen und in den Kirchen, das Versprechen eines Wiedersehens und der Hoffnung zusammen.

So stehen auch wir an diesem Samstag am Grab meiner Großeltern und meines Onkels. Erzählen den Kindern Erinnerungen aus unserer Zeit mit jenen, die sie selber nicht mehr kennengelernt haben. Stehen an dem Denkmal für woanders Beigesetzte. Stellen dort Kerzen für die fern von unserem Heimatdorf verstorbenen und beigesetzten Familienmitglieder auf.

Und die Kinder schicken begleitend einen Gruß gen Ewigkeit : „Liebe Uroma ! Wir haben dich leider nicht kennengelernt, aber wir wünschen dir ein schönes Fest. Jesus ist mit uns hier und mit dir da irgendwo. Das ist doch schön !“

Die Autorin ist Leiterin und Seemannspastorin der Finnischen Seemannsmission in den Benelux-Ländern.

 
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