ALTWIES uraltes Dorf an der Gander

Geschichtliches

Foto: © Marc Urhausen

• Région pastorale : Est
• Doyenné : Remich
• Paroisse “Dräilännereck Musel a Ganer Saint-Nicolas”
• Commune : Mondorf-les-Bains
• Titre : Saint-Benoît, 11 juillet
• Jour d’adoration : 2e dimanche après Toussaint
 

Geschichtliches

Gander oder Altbach heißt der Wasserlauf, welcher Altwies durchfließt und hier, mitten in der Ortschaft, sogar die Staatsgrenze zwischen Luxemburg und Frankreich bildet.

Die Gegend ist uralter Kulturboden. Zahlreiche Funde beweisen, dass bereits Steinzeitmenschen hier lebten: Schleifrillen im Steinigerweg, Silexe und polierte Steinäxte an der Fliehburg „Kaaschdel“ und Bronzefunde. Die Römer hinterließen ihr Castell „Kasschdel“, die alte Heerstrasse Metz-Trier, welche als „Kiem“ den Bann von Altwies streift und die Villa im „Heidenfeld“.
Gräber- und Waffenfunde belegen den Durchzug und die Ansiedlung der Franken.

811 wird das Dorf erstmals schriftlich erwähnt in einer Schenkungsurkunde der Abtei Echternach und zwar heißt es hier „Wisse in pago Muslense“ = Wisse im Moselgau. Andere Schreibweisen lauten „Wis“ 1057, „Wiez“ 1302 und Altwies seit 1415. Die Vorsilbe „Alt“ ist keltischen Ursprungs und bedeutet ursprünglich „Wasser“.

Die mittelalterliche „Castell-Mühle“ am Altbach, Bannmühle der Herrschaft Rodenmacher, bezw. Püttlingen, tritt bereits 1242 in Erwähnung.

Im Jahre 1309 wurde Altwies, welches bis dahin zur Echternacher Pfarrei Abweiler bei Bettemburg gehört hatte, mit dem gleichfalls Echternacher Mondorf zu einer Pfarrei des Erzbistums Trier vereinigt.

1387 zerstörte Metzer Kriegsvolk den Ort der im Laufe des Mittelalters der öftern geplündert und gebrandschatzt wurde.

1561 zählte Altwies 21 Feuerstellen, das heißt Haushalte.
Die Kapelle auf „Kaaschdel“ wurde namentlich erwähnt als abhängig von der Filialkirche Altwies.

Aus einer Zeichnung von Abt Bertels ist ersichtlich, dass die Ortschaft Altwies sich 1572 ausschließlich auf höhergelegenen, heutigen Schulplateau ausdehnte. Noch stand kein einziges Haus am Bachufer.

Nach den Schreckensjahren des 30jährigen Krieges und der großen Pest, 1658, lag der Ort völlig verlassen und verödet.
Durch den pyrenäischen Frieden wurde 1658 Altwies mit Mondorf und anderen Orten Südostens an Frankreich abgetreten. Es machte, im Gegensatz zu Restluxemburg, die zweite spanische Herrschaft und auch einen Teil der österreichischen Zeit nicht mit und blieb bei Frankreich bis 1769.

1678 wurde der Weinbau im „alten Wangert“ schriftlich bezeugt. Um 1885 erreichte das Weinbergareal von Altwies etwa 3, 56 ha in „Birel“ und „Leh“ . Nach 1918 wurde der Weinbau allmählich aufgegeben.

Bereits 1693 besass Altwies ein Schulhaus. 1701 war es Hauptort der Meierei gleichen Namens und wies Galgen und Pranger auf, als Zeichen seiner Richterei.

Am 23. August 1708, schwoll der Bach infolge eines wolkenbruchartigen Gewitters innerhalb weniger Minuten derart an, dass 24 Menschen den Tod in den reißenden Fluten fanden. Entsprechend war auch die angerichtete Verwüstung.

1726 erbaute der Arzt Well-Greisch das erste Haus am jenseitigen Bachufer. 10 Jahre später wurde dort die prachtvolle Barock-Kapelle errichtet, in welcher das monumentale Missionskreuz von 1723 Aufstellung fand.

Anfang August 1794 entführten, in der Umgegend marodierende, französische Revolutionssoldaten einem Landwirt aus Altwies sein einziges Pferd. Zu Fuß machte sich der Bestohlene auf nach Luxemburg und meldete den österreichischen Militärbehörden die Präsenz der Franzosen. Rittmeister Froissard unternahm darauf am 15. August einen Ausfall aus der Festung und überrumpelte bei einem nächtlichen Überfall die in „Wouereck“ lagernden Franzosen, von denen schätzungsweise 200 Mann niedergemetzelt und an Ort und Stelle verscharrt wurden. Das ehemalige Schlachtfeld heißt heute noch „Fransousefeld“.

1798 wurde auf den Wällen von Metz der Geistliche J.N. Fendt erschossen, der 1792 nach Altwies zu seinem Cousin Jak. Schweitzer geflüchtet war und sich zeitweilig in der „Paafekimmerchen“, einer Felshöhle am rechten Bachufer, verbarg.

1809 zählte Altwies, mit 533 Einheiten, rund 20 Einwohner mehr als der Gemeindehauptort Mondorf.

1815 sollten die auf dem rechten Bachufer wohnenden Altwieser und Mondorfer wieder zu Luxemburg geschlagen werden.

Doch unter Führung ihres in lothringischen Altwies wohnenden Bürgermeister Philippe Blaicard weigerten sich die dortigen Bewohner „Holländer“ zu werden. Sie blieben Franzosen und durften dafür seither bereits 3 Mal im Kriegsdienst ihre Haut zu Markte tragen.

1865 ließ Mauroce Kossmann auf eigene Kosten die Grenzbrücke zum „Hôtel de Paris“ rekonstruieren. In seinem Hotel wohnte im September 1871 der französische Schriftsteller Victor Hugo. Nach 1933 war im selben Gebäude eine landwirtschaftliche Schule untergebracht, in welcher aus Deutschland emigrierte, junge Juden ihre Ausbildung im Hinblick auf die Auswanderung nach Palästina absolvierten.

Durch Gesetz vom 21. August 1872 wurde Altwies zu einer Pfarrei erhoben und 1875 konnte die neuerbaute Pfarrkirche durch Bischof Adames benediziert werden,

1882 wurde die Bahnlinie Luxemburg-Mondorf-Remich, mit Haltestelle in Altwies, eröffnet.
Altwies zählte 3 größere Hotels, da in den Kinderjahren des Badeortes die Kurärzte in Mondorf ihren Patienten längere Spaziergänge verordneten und ein Quartier in Altwies somit den Spaziergang direkt beinhaltete.

1934: Bau der neuen Staatsstrasse Aspelt-Altwies an Bahn und Bach entlang.

Der 2. Weltkrieg bescherte den Einwohnern die totale Evakuierung im Mai 1940.
Während der deutschen Gewaltherrschaft wurden 3 Altwieser in Konzentrationslager eingeliefert, wo eine Person für die Heimat starb. 14 junge Menschen wurden zu RAD und Wehrmacht eingezogen. Fünf davon desertierten, einer tauchte unter im „Maquis“, einer fiel
in fremder Uniform und 2 blieben vermisst.
Altwies, welches bis zur Erschließung der Thermalquellen den Pfarr- und Gemeindehauptort Mondorf zeitweilig an Bedeutung übertraf, war im Laufe der Zeit Residenzort einflussreicher
Ärzte (Well, Greisch und Fortuner), Sitz der Steuereinnahme und der Notare Winckel, N. und J.P. Ledure.
An Kleinindustrien gab es in Altwies nachweislich eine Kalkbrennerei (Schleck), eine Brauerei (Toussaint), eine Likörfabrik, eine Pianoforte-Manufaktur (Rodenwald), 3 Rotgerbereien (u.a. Senninger), 3 Nagelschmieden (u.a. Schütz), eine Kunstglaserei (Koppes), die ausgedehnten Steinbrüche (Berchem) und 3 Mühlen: Heinrichs- Beckers- und Castellmühle.

An Persönlichkeiten und Kunstschaffenden aus Altwies müssen erwähnt werden: die hervorragenden Bildschnitzer GRAEFF, Vater und Sohn, die Steinmetz-Dynastie der Reyter oder Reuter, Kunstmaler, Kunstglaser und Komponist J.P. Koppes (der in Clairefontaine seine letzte Ruhestätte fand), Tondichter und Militärmusiker Emile Kohn, die Ärzte Well, Greisch, Fortuner und Julien Berger, die Bürgermeister J.B. KEUCKER, Nennig, Ledure, Steffen und Jean Linster. Unsere besondere Reverenz gilt dem Lehrer und verdienstvollen Lokalhistoriker
J.P. Molitor.

Altwies, 194 Meter über dem Meeresniveau, sauberes und freundliches Grenzdorf an der Gander, ist als Vorort und Sektion von bad Mondorf ein beliebtes Ausflugziel, das mit gepflegten Gaststätten den natur- und geschichtsliebenden Tourist entgegenkommt.

Lé Tanson

(Quelle: Heimat u. Mission 7/1979 Artikel: Lé Tanson)


Weitere Links:
- Stiftung Forschungsstelle Glasmalerei des 20. Jh. e.V. Darstellung und Beschreibung der Kirchenfenster.
- Orgues.lu Beschreibung der Orgel.
- Wiisser Leit a.s.b.l.

Fotos: © Marc Urhausen


Das Video über die Kirche in Altwies wurde uns von Frau Sylvie Collignon-Mathieu aus Bettemburg zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!


 
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