Der Glaube von ... RUT

Bild: Julia Meuer

Zur Zeit der Richter [1] , als Israel noch keinen König hatte, entstand eine Hungersnot im Land Israel. Deshalb verlässt eine Familie aus Betlehem [2]: Elimelech, seine Frau Noomi und seine beiden Söhne Machlon und Kiljon [3] , das Land und wandert aus in das Land Moab [4]. Kurze Zeit später stirbt Elimelech. Seine beiden Söhne nehmen Moabiterinnen zur Frau, sterben aber ebenfalls zehn Jahre später.

Noomi, die nun verwitwet ist und ohne Söhne, die für ihren Lebensunterhalt sorgen könnten, hört, „dass der Herr sich seinem Volk zugewandt habe, um ihnen Brot zu geben“ und macht sich auf den Weg in ihre Heimat, das Land Juda. Sie setzt ihr ganzes Vertrauen in ihren Gott und bereitet sich darauf vor, allein und ohne jegliche Hilfe, in ihr Heimatland aufzubrechen. Sie räumt ihren Schwiegertöchtern die Möglichkeit zur Umkehr ein. Aber, während Orpa zu ihrem Volk und ihren Göttern zurückkehrt, erklärt Rut: „Wo du hingehst, will ich auch hingehen, und wo du bleibst, will ich auch bleiben. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott“ (1,16). So wird Jahwe der Gott Ruts und diese verspricht Noomi die Treue bis zum Tod: „Wo du stirbst, da sterbe auch ich. Nur der Tod wird mich von dir scheiden“ (1,17). Indem sie mit ihrer Schwiegermutter fortgeht, nimmt sie gleichzeitig das Los einer Fremden an. Ihr Vertrauen in den wahren Gott, das über allem steht, ihre Treue und ihre Liebe, geben ihr die Kraft, dieser ungewissen Zukunft gegenüberzutreten.

Bei der Rückkehr in ihr Heimatland beklagt sich Noomi über ihr bitteres Los. Sie geht soweit, dass sie sich „Mara“, die Bittere, nennen lässt (1,20). Rut sorgt für ihren Unterhalt indem sie vom Recht der Armen Gebrauch macht, Ähren auf den abgeernteten Feldern des Boas zu lesen. Da dieser ein Verwandter Elimelechs ist, hat er das „Löserecht“ (3,9). Boas fühlt sich zu Rut hingezogen und nimmt sie zur Frau.

Rut bringt einen Sohn zur Welt, den sie Obed, das heißt „der Diener“, nennt und der der Vater Isais und somit der Großvater Davids, Vorfahre des Messias, sein wird; dies gibt der Erzählung zugleich eine universelle und messianische Bedeutung. Dass eine Ausländerin als Großmutter des Messias präsentiert wird ist absolut revolutionär für diese Epoche, und gleichzeitig bringt der Autor seinen Glauben an einen Gott, der einen Bund mit allen Völkern schließt, zum Ausdruck. Indem sie unter den Flügeln des Gottes Israel Schutz gesucht hat, findet Rut Gnade vor diesem Gott, der durch sie die Generation Davids, des größten Königs Israels und Vorfahren Jesu, aufbauen wollte (Mt 1,5) und damit die Völker, sprich die Heiden, an seinem Heilsplan teilhaben lässt.

Rut verkörpert ein Ideal an Freundschaft, Glaube und Liebe. Das ganze Buch ist durchzogen von der unerschütterlichen Treue Ruts gegenüber ihrer Schwiegermutter. Sie, die die Möglichkeit hätte, einfach nur „ihren“ Weg zu gehen, nur an sich zu denken und sich das Leben einfacher zu machen, hat sich dafür entschieden, Noomi nicht im Stich zu lassen. Mit viel Menschlichkeit und inniger Liebe kümmert sie sich um ihr gemeinsames Schicksal und sucht nach einer Lösung, um aus ihrer Armutsfalle herauszukommen; eine Lösung, die Zukunft eröffnet. Rut ist das Sinnbild einer starken Frau, die nicht passiv bleibt; entschlossen wagt sie es, Initiativen zu ergreifen, alles, indem sie ihr Vertrauen in Gott setzt, der die Schritte der Menschen lenkt.

Das Buch Rut zeigt, dass sich das Handeln Gottes gegenüber seinem Volk auf unerwarteten Wegen ereignet: indem er sich einer benachteiligten Person bedient – einer armen und ausländischen Frau – gewährleistet Gott das Leben (Brot und Nachkommenschaft) einer Staatsangehörigen seines Volkes, und offenbart gleichzeitig seinen Plan, dasselbe Leben der ausländischen Frau mitzuteilen. Der ideologische und kulturelle Schock, der im Buch Rut zum Ausdruck kommt, hat seinen Platz im Gegenüber des vorherrschenden Denkens der Epoche. Im Buch Rut fehlt jegliches negative Vorurteil gegenüber Moab und sogar David, der große König Israels, wird vorgestellt als Nachkomme einer Moabiterin.

Israel, das erwählte Volk, ist dazu eingeladen, sich an diese Episode seiner Geschichte zu erinnern, wenn es zu schnell dabei ist zu glauben, das einzig Erwählte zu sein, zum Nachteil der Heiden. Es soll bedenken, dass Rut, die Ausländerin, der von Gott genutzte Kanal war, um die Nachkommenschaft herauszubilden, aus der der Messias geboren werden sollte. Dies ist wahrscheinlich die Idee des Matthäus, wenn er Rut in die Liste der fünf Frauen, die in der langen männlichen Ahnenfolge Jesu vorkommen, einfügt. Matthäus erinnert uns auch daran, dass Gott nicht auf menschliche Kategorien, wie das Geschlecht, den sozialen Status oder die Nationalität achtet und sich ihrer manchmal sogar bedient, um uns seine Fürsorge vor allem gegenüber den von der Gesellschaft Verworfenen, zu zeigen, die den Schritt wagen, ihr Vertrauen in ihn zu setzen, dem Beispiel von Noomi und Rut folgend.

Einige Fragen um das Wort Gottes zu vertiefen und zu aktualisieren:

  • Was sind die Gründe und die Folgen der Migration der jeweiligen Personen?
  • Wie spricht das Buch Rut den Glauben Israels, wie unseren Glauben an?
  • Wie spricht es unsere zeitgenössische Gesellschaft an?

[1Diese Zeitangabe versetzt uns in eine Epoche des Übergangs zum Königtum in Israel (1200-1020 v.Chr.); mit der ganzen zugrundeliegenden Problematik über die Relevanz einen König zu haben oder nicht. Nicht zuletzt legt der Name Elimelech (das bedeutet ‘Gott ist mein König’) die Möglichkeit nahe, ohne König zu bleiben. Aber die Ereignisse werden sich anders entwickeln, zu dem Punkt hin, dass David – der Typus des Königs von Israel – sein Nachkomme sein wird.

[2Erstaunlicherweise kommen die hungrigen Auswanderer aus Betlehem (das bedeutet ‘Haus des Brotes’). Diese Wahl des Auswanderns bringt Konsequenzen für sie auf unterschiedlichen Ebenen mit sich: auf rechtlicher Ebene werden sie zu Ausländern, die nicht dieselben Rechte wie die Einheimischen besitzen; auf kultureller Ebene haben sie einheimische Frauen geheiratet, die ihre eigene Kultur in den Kreis ihrer Familie gebracht haben; und auf Ebene der Nachkommenschaft, wird der Nachkomme von Elimelech, Obed (das bedeutet ‘der Diener‘), wie auch alle anderen Nachkommen bis hin zu Jesus selbst (Mt 1,5), moabitisches Blut haben.

[3Die Bedeutung der Eigennamen hilft, zwischen den Zeilen gelesen, die Botschaft des Buches zu verstehen: Betlehem: Das Haus des Brotes; Elimelech: Gott ist mein König; Noomi: Die Liebliche (sie wird zu: Mara: die Bittere); Machlon: Krankheit; Kiljon: Zerbrechlichkeit; Rut: Freundin; Orpa: Die den Rücken Kehrende; Boas: Der Starke; Obed: Der Diener; Isai: Mann Jahwes; David: (von Gott) Geliebter. Es ist interessant den Text zu lesen, indem man an die Stelle der Namen ihre jeweilige Bedeutung einsetzt.

[4Die Auswanderung dieser Juden führt sie in das Land Moab, welches weltlich ein Feind Israels ist (Dtn 23,4-7), in solchem Maβe, dass es den Moabitern strengstens verboten ist, an den Versammlungen Israels teilzunehmen (Dtn 23,4-7).

 
Service Kommunikatioun a Press . Service Communication et Presse
Äerzbistum Lëtzebuerg . Archevêché de Luxembourg

© Verschidde Rechter reservéiert . Certains droits réservés
Dateschutz . Protection des données
Ëmweltschutz . Protection de l'environnement