Gruß aus der kontinentalen Versammlung der Synode

Josiane Mirkes, Prag, am 8. Februar 2023


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Ich habe Spannungen gemerkt in den letzten Tagen, hier in Prag, doch ich glaube, dass wir die Spannungen Schulter an Schulter aushalten können und sogar als Reichtum erleben können. Es geht nicht darum, ein Urteil zu fällen. Es geht darum, heraus zu spüren, wo sie herkommen, wie sie entstanden sind, was den Anderen umtreibt, dass er anders denkt und fühlt als ich. Wenn ich von Spannungen rede, denke ich an West und Ost, die beiden Lungen unserer Kirche, die unterschiedliches erlebt haben, und so die Kirche unterschiedlich prägen und beleben.
Spannung zwischen denen, die Angst haben vor Veränderungen, weil sie befürchten, dass eine strukturelle Veränderung auch notwendigerweise die Botschaft verändern würde, was einem Verrat der Wurzeln gleich käme, und jenen, die sehen, dass mit jedem Zeitverlust auf der Suche nach Veränderungen das Volk Gottes verloren gehen könnte. Struktur, Botschaft gegen pastorale Notwendigkeit oder mit der pastoralen Notwendigkeit zusammen? Botschaft, Theologie und konkretes Leben: Spannung oder spannend? Es ist klar, in unserer Mitte ist das Zelt Gottes, das es gilt zu erweitern. Gott, Jesus Christus sind in der Mitte des Zeltes. An uns ist es, die Bescheidenheit zu haben, Gott den Platz in der Mitte zu lassen und den Platz über uns, dass er uns leite.
Und doch müssen wir wachsam sein, dass wir unsere Freiheit nicht verraten und unsere Verantwortung ernstnehmen. Gott hat uns beide anvertraut. Die Wahl zu unterscheiden, wofür wir uns einsetzen, legt er uns damit ans Herz. Wir können selbst entscheiden, ob wir uns für diejenigen am Rande der Kirche, am Rande der Gesellschaft, für unseren Planeten, für Flüchtlinge, für kranke und alte Menschen einsetzen. Vergessen wir nicht die Kinder, die Jugendlichen, die Eltern. Die Botschaft Jesu wird keine Wurzeln finden, wenn wir sie nicht leben, wenn wir nicht von ihr in unserem Inneren berührt sind. Worte werden nicht ausreichen. Es sind die konkreten Aktionen, die sprechen, mindestens bei uns im Westen. Was mich am meisten berührt hat, ist die Nonchalance, mit der wir manchmal über Sünde und Bekehrung reden. Es sind nicht immer die Anderen die Sünder, die sich bekehren oder ändern müssten. Wenn ich an die Missbrauchsfälle denke, sexueller oder intellektueller Art, dann wünsche ich mir einen ehrlichen Blick auf diese Situationen. Missbrauch jedweder Art ist nichts Banales, es zerstört Leben. Es wird auch nicht besser dadurch, dass es auch in den Familien, Schulen, Sportvereinen geschieht. Wenn wir wagen über Sünde zu reden, nun die Täter sind Sünder, aber der, der es verschweigt oder versteckt, ist auch ein Sünder. Wenn wir als Kirche überleben wollen, müssen wir ehrlich, bescheiden und authentisch
werden. Man muss sich vom Leben des Alltags berühren lassen, verwurzelt in der Botschaft Gottes, die uns in unserem Innern berührt hat. Wenn ich auf den barmherzigen Samariter schaue, den Papst Franziskus gewählt hat zum Welttag der Kranken, sehe ich jemanden, der in seinem tiefen Innern berührt war von der Not des Mannes, der überfallen wurde. Dass wir uns in diesem Sinne berühren lassen von jeder Not, Ungerechtigkeit, Gewalt, von jedem Schicksalsschlag, damit wird der Glaube der Kirche konkret und lebendig.
Das Leben der Menschen, die uns anvertraut sind, darf nie banalisiert werden, denn damit würden wir die Botschaft Gottes, die in jedem von uns lebt, banalisieren.
Der synodale Prozess ist ein Hoffnungszeichen. Wenn wir wollen, dass der Prozess gelingt, müssen wir zur Bescheidenheit zurückfinden, wir müssen ehrlich zuhören und auf das Wort Gottes hören. Der barmherzige Samariter sagte zum Besitzer der Herberge, er solle für den Mann sorgen, der überfallen wurde. Heute werden wir eingeladen, uns um die Botschaft Gottes zu sorgen und sie konkret werden zu lassen im Leben der Menschen. Sind wir bereit, Sorge zu tragen?

Josiane Mirkes, Prag, am 8. Februar 2023


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