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1870: Luxemburg wird Bistum

150 Jahre Bistum – Wegmarken (20)

Nach der Bischofsweihe des Nicolas Adames im Jahr 1863 kamen die Verhandlungen über eine Erhebung Luxemburgs zum Bistum und den Abschluss eines Konkordats bald zum Stillstand. Dies hatte verschiedene Ursachen. Einerseits sorgte die Infragestellung der Luxemburger Unabhängigkeit im Kontext der europäischen Großmachtpolitik (preußisch-österreichischer Krieg 1866, Luxemburgkrise 1867, preußisch-französischer Konflikt) für große Unsicherheit. Andererseits bestand angesichts der kirchenfeindlichen Haltung eines Teils der politischen Eliten keine Aussicht auf den Abschluss eines annehmbaren Abkommens.

Hinter den Kulissen riefen der Apostolische Vikar und sein Klerus die Frage bei der päpstlichen Kurie immer wieder in Erinnerung. Dabei rückte eine andere Lösung in den Mittelpunkt der Überlegungen, nämlich Luxemburg zum Bistum zu erheben, ohne zuvor einen Vertrag mit dem Staat abzuschließen. Als sich Nicolas Adames anlässlich des 1. Vatikanischen Konzils in Rom aufhielt, erfuhr die Angelegenheit eine dramatische Beschleunigung. Nach einer Reihe von Gesprächen, unter anderem mit Papst Pius IX. selbst am 5. Dezember 1869, fielen im Juni 1870 Entscheidungen.

Am 27. Juni wurde die Bistumsgründung beschlossen, am 30. Nicolas Adames zum ersten Bischof der neuen Diözese bestimmt. Am 1. Juli hielt Adames auf dem Konzil seine Rede, in welcher er das Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes energisch unterstützte. Am 27. September unterzeichnete der Papst die Urkunde zur Einrichtung des Bistums, am 30. diejenige zur Bischofsernennung. Am 25. Dezember 1870 ergriff Nicolas Adames schließlich offiziell Besitz von seinem Bistum, indem er in seine Kathedrale, die Kirche Unserer Lieben Frau, Trösterin der Betrübten, einzog, auf seinem Bischofsstuhl Platz nahm, die Huldigung der Geistlichen empfing und den ganzen Vorgang öffentlich verkündete.

In Bild 1 ist die Urkunde zu sehen, in welcher der bischöfliche Notar Pierre Hoffmann die Besitzergreifung dokumentierte und gemeinsam mit zwei weiteren hohen Geistlichen kirchenrechtlich verbindlich bezeugte (Übersetzung unten). Eine Weihe erfolgte nicht, da Nicolas Adames schon 1863 zum Bischof konsekriert worden war.

Für den Staat war die Angelegenheit mitnichten abgeschlossen. Die päpstliche Entscheidung wurde, da ohne Einverständnis der Regierung getroffen, einfach ignoriert, zumal keine offizielle Verlautbarung seitens der päpstlichen Kurie erfolgt war. Damit hing das Bistum staatsrechtlich in der Schwebe. Erst zwei Jahre und einige Wirren später – zwischenzeitlich hatte das Königreich Italien im Kontext des deutsch-französischen Kriegs den Kirchenstaat zerschlagen und Rom besetzt – informierte die Kurie die Luxemburger Regierung offiziell und bereitete der staatlichen Anerkennung den Weg.

Am 30. April 1873 trat ein entsprechendes Gesetz in Kraft, durch welches die Regierung zu den erforderlichen Schritten autorisiert, der Bischof zur Ableistung eines Treueids gegenüber dem Souverän verpflichtet und der Grundsatz festgehalten wurde, dass nur ein Luxemburger Bischof von Luxemburg werden könne. Auf dieser Grundlage erkannte der König-Großherzog Wilhelm III. am 23. Juni 1873 das Bistum als solches und Nicolas Adames als dessen Bischof (siehe Bild 2) an.

DAL, GV.Adames 9, Urkunde über die Inbesitznahme der Diözese Luxemburg durch Nicolas Adames, Luxemburg, 25. Dezember 1870
DAL, GV.Adames 9, Charte de la prise de possession du diocèse de Luxembourg par Nicolas Adames, Luxembourg, 25 décembre 1870
DAL, GV.Adames 9, Großherzoglicher Erlass über die Anerkennung des Nicolas Adames als Bischof von Luxemburg, Den Haag, 23. Juni 1873
DAL, GV Adames 9, Arrêté grand-ducal relatif à la reconnaissance de Nicolas Adames comme évêque de Luxembourg, La Haye, 23 juin 1873

Übersetzung Bild 1

Im Namen der Allerheiligsten Dreifaltigkeit
Im Jahr der Fleischwerdung des Herrn eintausend achthundert siebzig, während der Herrschaft unseres Heiligsten Herrn, Papst Pius des IX., im fünfundzwanzigsten Jahr seines Pontifikats, am fünfundzwanzigsten Tag des Dezembers, am Fest der Geburt unseres Herrn Jesu Christi, begab sich der ehrwürdigste Nicolaus Adames, Bischof von Halicarnassos in den Ländern der Ungläubigen und Apostolischer Vikar im Großherzogtum Luxemburg – in dem am letztverflossenen 27. Juni abgehaltenen Geheimen Konsistorium für den durch Konsistorialdekret vom 20. desselben Monats neuerrichteten Bischofssitz Luxemburg [als Bischof] vorbestimmt und durch eine am 30. September desselben Jahres ergangene Päpstliche Urkunde zum ersten Bischof dieses [Bischofs]Sitzes ernannt – in einer Prozession in die Kathedrale der Seligen Jungfrau Maria, Trösterin der Betrübten, und empfing dort, auf seinem Bischofsstuhl sitzend, alle anwesenden Priester und Kleriker zum Handkuss. Danach feierte der ehrwürdigste Bischof ein Pontifikalamt, nach welchem er eine Ansprache an den Klerus und das anwesende gläubige Volk richtete

[Seite 2]

und erklärte, dass er an diesem Tag seinen neuen Bischofssitz in Besitz genommen habe.
Zu dessen getreuem Zeugnis habe ich, Pierre Hoffmann, von unserem ehrwürdigsten Herrn Nicolas Adames, Bischof von Luxemburg ausgewählter und hierzu berufener Notar, diese Urkunde ausgefertigt und gemeinsam mit mir haben zwei Zeugen unterzeichnet.
Luxemburg, Jahr, Monat und Tag wie oben angegeben.
Dies ist:
Johannes Michael Föhr, Ehrenkapitular des Heiligen Stuhls, Praeses des Priesterseminars
Nicolas Schmit, Professor des Priesterseminars
Pierre Hoffmann, bischöflicher Notar

 
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