Reformation der Kirche – damals und heute

Regard protestant von Hans-Martin Heins (30.10.2016)

Am 31. Oktober feiern die evangelischen Kirchen das Reformationsfest in Erinnerung an Martin Luthers Veröffentlichung der 95 Thesen zum Ablasshandel am 31. Oktober 1517. Dieses Datum gilt als öffentlicher Beginn der Reformation. Doch worum geht es bei der Reformation der Kirche – damals und heute ?

„Martin Luther kommt in der Bibel vor“ ; „Er ist 1958 gestorben“ ; „Luther hat eine neue Bibel geschrieben“. Solche und ähnliche von Unwissenheit geprägte Antworten kann man erhalten, wenn man Schüler nach dem Leben und Wirken Martin Luthers fragt. Und von seinem Anliegen wissen nur noch die wenigsten etwas. Das ist schade, denn das Anliegen Martin Luthers und der anderen Reformatoren ist heute noch genau so aktuell wie damals.

Reformation bedeutet Erneuerung, und während der Reformation wurde viel erneuert : Luther übersetzte die Bibel ins Deutsche, damit jeder Christ die Bibel lesen könne ; Er schrieb den Kleinen 
Katechismus als Hilfe für die Eltern bei der christlichen Kindererziehung ; die Gottesdienste wurden verändert, die Struktur der Kirche neu gestaltet und vieles andere änderte sich. Doch zuallererst ging es ihm und den anderen Reformatoren um eine Rückbesinnung auf Jesus Christus und auf die biblische Botschaft. Sie hatten erkannt, dass diese Botschaft hinter allerhand theologischen Anschauungen und falschen Formen kirchlichen Lebens verschüttet worden war. So entdeckte Martin Luther nach langen und schweren inneren Glaubenskämpfen, dass Gott uns, obwohl wir es nicht verdient haben, in seiner Gnade und Liebe durch die Erlösungstat Jesu Christi annimmt.

Gott schenkt uns die Gerechtigkeit, die Jesus Christus durch sein Leben hatte, und wir sollen ihm dafür unser Leben mit aller Sünde und Unvollkommenheit anvertrauen. Durch diesen wunderbaren Tausch werden wir vor Gott gerecht und gerettet. Von dieser Erkenntnis her wurden alle Lehren, Strukturen und Formen des kirchlichen Lebens hinterfragt und alle Erneuerungen daran geprüft, ob sie ein guter Hinweis auf Jesus sind oder nicht und ob sie das Leben im Glauben an Jesus Christus behindern oder fördern. Das muss auch heute noch geschehen. Ein einfaches Festhalten an altem 
Gewohntem wird die Kirche nicht erneuern.

Manche Menschen meinen, das Anliegen der Reformatoren sei heute nicht mehr aktuell. Heute ginge es viel mehr um soziale, politische oder ökologische Fragen. Diese Bereiche sind zweifelsohne wichtig, aber ich denke, dass es zu keiner Zeit eine wichtigere Frage für einen Menschen im Leben und im Sterben gibt als die, ob Gott uns annimmt. Am Ende des Lebens verlieren alle anderen Fragen ihre Bedeutung. Dann geht es nur noch darum, ob wir verloren gehen oder ob Gott uns um Jesus Christi willen in seine Ewigkeit aufnimmt.

Auch heute muss und wird in der Kirche vieles erneuert : es gibt neue Modelle im kirchlichen Unterricht ; viele Gottesdienste werden in moderner Form gefeiert und auch sonst gibt es für alle Altersgruppen viele Aktivitäten ; über Struktur und neue Finanzierungsmöglichkeiten für die Kirche wird nachgedacht. Es gibt überall große Anstrengungen, das kirchliche Leben für die Menschen unserer Zeit attraktiv zu gestalten. Das ist gut und notwendig, aber es nützt uns nichts und geht in die falsche Richtung, wenn wir als Einzelne und als Kirche uns nicht zuallererst zurückbesinnen auf den auferstandenen Jesus Christus, unseren Herrn und Retter. Und das geschieht zunächst dadurch, dass wir uns mit der biblischen Botschaft beschäftigen, uns im Gebet Gott zuwenden und im Gottesdienst die christliche Gemeinschaft pflegen, und wir uns dann fragen, ob wir mit dem, was wir als Einzelne oder als Kirche tun, ein guter Hinweis auf Jesus sind.

Dieses Anliegen und diese Aufgabe haben wir in der evangelischen und der katholischen Kirche gleichermaßen, und wir können nur Kirche Jesu Christi sein, wenn wir uns dem stellen.

Hans-Martin Heins
Pastor der evangelischen Gemeinde deutscher Sprache in Luxemburg

 
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