Haben Sie die Marienfigur auf der Titelseite unseres Pfarrbriefs erkannt? Oder mussten Sie das Kleingedruckte auf Seite 2 lesen um zu entdecken, dass es sich um das Gnadenbild der Muttergottes von der Girsterklaus handelt. So wie auf der Titelseite abgebildet, also ohne Behang, ohne Gewand und Schmuck sieht man die alte Marienfigur nur an Karfreitag. Aber da für die Titelblattserie unseres Pfarrbriefs der Buchstabe G dran ist, und dieser Pfarrbrief auch die Einladung zur Girsterklausener Muttergotteswoche enthält, dachte ich mir diesen eher seltenen Anblick unserer alten Madonna mit Ihnen zu teilen.
Die Statue Unserer Lieben Frau von der Haselnussstaude, die in Anlehnung an eine Legende zu den Ursprüngen unseres Wallfahrtsortes so bezeichnet wird, stammt aus der Übergangszeit zwischen Romanik zur Gotik, in unseren Gegenden zwischen 1250 und 1300. Wir sehen die in der Romanik typische Form einer thronenden Madonna. Das Gesicht entspricht jedoch schon dem Bild der ‚Schönen Dame‘ der Gotik. Die Figur des Jesuskindes mit seinem Gesicht mit seinem breitausschweifenden Reifenrock erscheint mir jedoch eher ein Werk aus der Barockzeit. Vielleicht können in der Kunstgeschichte Bewanderte mit zweckdienlichen Hinweisen weiterhelfen. Damit die Gewänder des Gnadenbildes besser passen, wurde der untere Teil der Jesusfigur auf gröbste Art und Weise umgeformt.
Wenn Sie die Kapelle der Girsterklaus betreten, wird Ihr Blick automatisch von der Marienfigur angezogen. Eine Statue, wie jedes Bild, ist nur ein Hinweis auf die dargestellte Person. Trotzdem können wir anhand dieser Bilder auch etwas über die dargestellte Person erfahren, auch wenn kaum ein Künstler der abertausenden Marienbilder wusste, wie Maria tatsächlich ausgesehen hat. Wenn wir das Gnadenbild der Girsterklaus betrachten, sehen wir: Maria ist Mutter. Mutter Jesu, der sowohl Mensch und Gott ist. Deswegen dürfen wir sie Muttergottes nennen.
Wer das Marienbild der Klaus anschaut, den nimmt ihr Blick mit zu Jesus. Wie jede Mutter schaut Maria ihr Kind. So lädt uns ihr Blick ein: Schau auch Du auf Jesus. Er hat für uns Leiden und Kreuz getragen, damit wir nicht mehr beim Leiden und Kreuz stehen bleiben, sondern selbst da weitergehen können. Sogar im Tod brauchen wir nicht stehen zu bleiben, sondern wir werden wie Maria weitergetragen: Weiter ins Leben, ins ewige Leben. In Erinnerung an diese Glaubenswahrheit ist unsere Wallfahrtskirche nach der Himmelfahrt Mariens benannt. Deswegen legt dieses Fest auch das Datum des grossen Pilgertages auf der Klaus fest: Immer am Sonntag nach dem 15. August. Seit Pfarrer Jans Zeiten wird die ganze Woche um Mariä Himmelfahrt als „Muttergotteswoche“ gefeiert.
Wenn Sie sich Zeit nehmen und das schöne Antlitz unseres Gnadenbildes länger anschauen, entdecken Sie: Maria lacht. Aber kein Karnevalsgelächter oder ein verachtendes Auslachen, sondern eher ein glückliches Lächeln einer Person nachdem schwierige Zeiten überwunden wurden. Denken wir da an die Mutter beim Kreuz und beim Grab Jesu. Im diesem Lächeln können wir auch ein Stück Himmelsfreude entdecken, an der Maria schon teilhat und die uns alle erwartet. So kann uns das Gebet vor dieser Statue, die nicht selber Helferin ist, sondern Maria, die immerwährende Hilfe darstellt, Mut machen und Hoffnung schenken. So dürfen wir uns immer wieder trauen unseren Weg weiterzugehen, auch wenn Probleme uns fertig machen wollen.
Die Muttergottesfigur steht in einem steinernen Altaraufbau von 1632 aus der Nachfolge-Werkstatt des Hans-Rupprecht Hoffmann aus Trier. Unten am Altartisch befindet sich ein Steinrelief, welches von den Formen weniger gut zum Altaraufbau passt. Maria hält ihren Schutzmantel, der an seinen beiden Enden vom Pfarrer respektive Einsiedler gehalten wird, über die landwirtschaftlich geprägte Bevölkerung. Diesen Sommer sind es 80 Jahre her, dass dieses Relief, ein Werk der Luxemburger Künstler Nicolas Brücher (Zeichung) und Josy Jungblut (Bildhauer) eingeweiht wurde. Pfarrer Feller, der in diesem Kriegssommer 1944 die Pfarrei Rosport verliess um die Stadtpfarrei Limpertsberg zu übernehmen, wollte laut Zeitzeugen alle ‚Jongen‘, die in fremde Uniform gezwungen an den Endkämpfen des II. Weltkrieges teilnehmen mussten, dem Schutz Mariens anvertrauen. Kriegsschäden auf diesem Relief zeigen, dass später das Kriegsgeschehen auch den alten Wallfahrtsort einholte.
Als Anfang Oktober 1944 die Bevölkerung des Sauertales auf beiden Seiten wegen der Kriegshandlungen evakuiert wurde bzw. flüchten musste, kam der jungen Marie Schou aus Hinkel, die als Bauernmagd auf der Girsterklaus angestellt war, die Idee auch unser Gnadenbild mit in Sicherheit zu bringen. Wohl gegen den Willen der alten Bauern („Die Muttergottes soll hier bleiben um auf unsere Häuser und Höfe aufzupassen, wenn wir weg sein müssen.“) aber mit Erlaubnis des zuständigen Kaplans Margue wurde die Marienstatue mit auf den Flüchtlingstreck genommen. Nach einer Übernachtung in Herborn teilten sich die Wege der Menschen um Obdach bei Verwandten und Freunden in ganz Luxemburg zu finden. Die Muttergottes von der Girsterklaus fand ihr provisorisches Domizil in der heutigen ‚Salle Sainte Irmine‘ des Bischöflichen Ordinariat in Luxemburg. Zwei Tage nach Kriegsende, am 10. Mai 1945, kehrte das Gnadenbild zurück in seine Einsiedlei.
Sicher könnte man noch vieles über diese Marienfigur, ihr Heiligtum, dessen Kunstwerke und Geschichte, das Brauchtum und die Traditionen, wie auch über die Einsiedler schreiben. Der letzte von ihnen, Bruder Martin Bayer verstarb 1938. Aber am Besten bilden Sie sich selbst Ihren Eindruck!
Eventuell haben Sie es sowieso schon bei Ihren Sommerterminen vermerkt oder kommen auch sonst immer wieder gerne auf die Girsterklaus. Seien Sie herzlich willkommen! Ebenso wenn Sie diesen einzigartigen Ort noch nicht kennen, kommen Sie doch einfach mal hier hin! Wir freuen uns auf Sie! Entdecken Sie etwa 3 Kilometer von Rosport auf den Anhöhen des Sauertals hinter grünen Wäldern in Mitten der Felder einen einzigartigen Wallfahrtsort, der seit 1329 historisch dokumentiert ist. Erleben Sie eine Stätte, an der man sich ausserhalb der Zeit spürt, an dem sich Himmel und Erde berühren! Feiern Sie mit uns um Mariä Himmelfahrt Muttergotteswoche mit dem grossen Pilgertag am 18. August. Für alle Spirituell- und für die Kulturinteressierten wie auch für alle: Die Girsterklaus ist immer eine Reise wert. Überzeugen Sie sich selbst!
Luc Schreiner
Links: