Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht ein helles Licht

Die Zeichen der Zeit lesen

„Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht ein helles Licht“
Die Zeichen der Zeit lesen

Prophetentext Jesaja 9,1-6

Fragen zur Lektüre in Gemeinschaft

  • Welcher Satz erstaunt mich oder spricht mich besonders an? Warum?
    • Worauf bezieht sich das Symbol des Lichtes im Text?
    • Wie äußert sich die von Jesaja angekündigte Befreiung und wofür ist sie ein Zeichen?
    • Auf welches Kind spielt der Prophet an? Welche Titel werden ihm gegeben? Was denken Sie darüber?

Zum besseren Verständnis von Jesaja 9,1-6

Das Orakel des Propheten Jesaja lässt sich in den Zusammenhang des syro-efraimitischen Krieges um 735 einordnen. Das Königreich des Nordens [1], müde vom Erdulden der assyrischen Herrschaft, wendet sich seinem Erzfeind Syrien zu, und versucht ein Bündnis mit Jerusalem [2] zu schließen, um sich gegen Assur aufzulehnen. Jesaja tritt diesen Verbündeten entgegen und lädt zum Vertrauen auf Gott ein. Dieser Krieg wird zur Einnahme Samariens um 721 und dem Ende des Nordreiches Israel führen; das Ende des Südreiches wird wenig später folgen.

Für Jesaja ist diese Situation die Folge der Untreue des Volkes gegenüber dem Herrn. Er vergleicht sie mit der Nacht: „und blickt zur Erde; aber überall sieht er nur Not, Finsternis und beängstigendes Dunkel.“ (8,22). Inmitten der Schatten verkündet der Prophet, dass der Tag auf die Nacht folgt: „Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht eine helles Licht“ (V. 1). Die Metapher des Lichts veranschaulicht gut die von Gott gebrachte Befreiung.

Diese Befreiung (Vv. 1-3) läutet die Zerstörung der Kräfte des Todes ein (Vv. 3-4); das Vorzeichen dieser Zeit des Friedens ist die Geburt eines Kindes, dem die Namen gegeben werden: „Wunderbarer Ratgeber, Starker Gott, Vater in Ewigkeit, Fürst des Friedens“ [3] , dieselben Titel, die dem Pharao während seiner Krönung verliehen werden. Weit davon entfernt, einen Menschen zu vergöttlichen, drückt der Prophet durch diese Attribute aus, dass das Kind von königlichem Blut die Weisheit Salomos, die Tapferkeit und Frömmigkeit Davids, und die großen Tugenden des Mose und der Patriarchen besitzt (11,1-2). Eine aufmerksame Lektüre des Buches Jesaja lässt daran denken, dass das Kapitel 9 auf die Geburt des zukünftigen Königs Hiskija, Sohn des Ahas [4] , anspielt. Diese Botschaft der Hoffnung ist eine dargebotene Hand gegenüber dem Volk, das dazu eingeladen ist, sich zu bekehren (sich wieder dem Herrn zuzuwenden). Ab Vers 7 werden die Orakel des Gerichts über das Volk wieder aufgenommen und erinnern jene, die zu enthusiastisch sind, daran, dass über die versprochene Befreiung hinaus, die Möglichkeit des göttlichen Gerichts bestehen bleibt. Der Mensch wird niemals gegen seinen Willen gerettet, er muss an dem Heilsplan mitarbeiten, indem er durch die Schatten zum Licht geht, das Gott ihm gibt, um anhand von Zeichen, auf seine Gegenwart in der Geschichte aufmerksam zu machen.

Gaudium et Spes 4 im Licht von Jesaja 9,1-6

Fragen zum Leben in der Gemeinschaft

  • Welcher Satz erstaunt mich oder spricht mich besonders an? Warum?
    • Welchen Blick richtet das Konzil auf die Welt?
    • Wie beleuchtet dieser Text Jesaja 9,1-6?
    • Inwiefern spricht dieser Text unsere heutigen christlichen Gemeinschaften an?

Aktualisierung

Das Konzil wirft einen klaren Blick auf die Welt. Für die Konzilsväter ist die menschliche Geschichte der Ort, wo der Geist, der belebt und heiligt, am Werk ist ( Gaudium et Spes 11 und 44 ). Im Gegensatz zu jenen, die Papst Johannes XXIII. die Unheilspropheten nennt, die immer nur Katastrophen ankündigen, lädt das Konzil dazu ein, die Zeichen der Zeit gemäß des Handelns Jesu zu erforschen und zu interpretieren. Darüber hinaus zeichnen die Konzilsväter ein Bild der Welt, wie sie ist, mit ihren Lichtern und Schatten, in anderen Worten: mit ihrer Freude und Hoffnung, ihrer Trauer und Angst ( Gaudium et Spes 1 ). Angesichts dieser Situation müssen die Frauen und Männer von heute ihre Kreativität unter Beweis stellen, um neue Antworten auf die neu aufkommenden Fragen zu finden. Die Christen müssen sich im Licht des Evangeliums an dieser Suche nach Sinn und Heil beteiligen.

Obwohl die gegenwärtige Welt verheißungsvoll ist, löst sie berechtigterweise Verunsicherung aus. Es geht nicht darum, Optimist oder Pessimist zu sein, sondern, man muss hoffen, wider alle Hoffnung. Jede Generation hat ihre Gelegenheiten und ihre Herausforderungen; es liegt an jedem Einzelnen, sich in der Geschichte über seine Ängste, Befürchtungen und Zweifel hinaus zu engagieren und die Zukunft von Neuem zu erfinden. Eine glückliche Zukunft, auf die der Glaube hoffen lässt. Seinerzeit hat Jesaja ein großes Licht gesehen; und was ist mit uns: sind wir aufmerksam für die Sonne, die bereits am Horizont erscheint?

[1Im Allgemeinen Israel genannt. Die Propheten des 8. Jahrhunderts nennen es auch Efraim, einer der wichtigsten Stämme des Nordreiches.

[2Hauptstadt des Südreichs oder Juda.

[3Die christliche Tradition gibt Christus dieselben Titel, die auch bekräftigen, dass er Immanuel ist (Gott mit uns).

[4Im Umfeld der politischen Krise, weihte Ahas seinen Sohn den Göttern (2Kön 16,3). Durch den Propheten Jesaja verkündet Gott dem König, dass er sein Versprechen hält, und dass dessen Frau bereits ein anderes Kind erwartet, das Immanuel , Gott-mit-uns, heißen wird (Vgl. Jes 7,10-17).

 
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