Der Glaube von ... Amos

Der Glaube des Amos

„Das Recht ströme wie Wasser, die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach“ (5,24)

Amos, dessen Name „getragen von Gott“ bedeutet, kommt aus Tekoa [1], einem Dorf, das im Königreich des Südens, Juda, am Rand der Wüste liegt. Nach eigenem Zeugnis war er kein Prophet von Berufswegen; er war ein einfacher Viehzüchter und Sykomorenritzer [2] (7,14). Er wurde von Gott von seiner Herde weggerufen und ausgesandt, um in der Eigenschaft als Prophet im Nordreich Israel zu predigen. Nach einem kurzen Einsatz, der sich im Wesentlichen im königlichen Heiligtum von Bet-El abgespielt hat, und vermutlich auch in Samaria, der Hauptstadt des Reiches, wurde Amos aus Israel gejagt (7,16) und kehrte wahrscheinlich zu seiner anfänglichen Aktivität zurück.

Der prophetische Auftrag des Amos ereignet sich unter der Herrschaft Jerobeams II., 783-743 v. Chr., einer Epoche, die als Glanzzeit bezeichnet werden kann, denn das Nordreich dehnt sich aus und wird reich. Der Prophet ist erstaunt und schockiert: Elfenbein schmückt das Mobiliar, die Frauen tragen unglaublich prunkvollen Schmuck. Wie andere neureiche Völker, stellt das Nordreich sein Vermögen zur Schau, das von den Reichen angehäuft wird, zum Nachteil der Armen, die immer mehr ins Elend gebracht werden. Der Ruhm des Kultes maskiert das Fehlen einer wahren Religion. Das Wort des Amos stört jene, deren Verhalten er anprangert, bis zu dem Punkt hin, dass er aus dem Land vertrieben wird. Tatsächlich ist es Amazja, ein Priester des Heiligtums von Bet-El, der Amos wissen lässt, dass er in sein Reich zurückgeschickt wird. Er hatte dem König die Prophetie des Amos als eine Beleidigung präsentiert und von ihm verlangt, dass Amos zurückgeschickt wird. Hierin offenbaren sich die Machtstrukturen, die von Amos mit voller Kraft angeprangert werden: das Volk hat seine Grenzen überschritten. Darum wird Gott sein Gericht nicht abwenden, wenn es keine Umkehr gibt (9,8).

Die Botschaft der sozialen Gerechtigkeit ist das Herzstück der Verkündigung und des von Amos gelieferten Gottesbildes. Wie kann man an Jahwe glauben und gleichzeitig diese geballten Reichtümer zum Preis von Ungerechtigkeit tolerieren? Überall erhebt sich der Prophet gegen den Reichtum und den auf Kosten der Armen erworbenen Luxus. Mit seiner einfachen Sprache und dem Bilderreichtum eines Wüstenmenschen, denunziert Amos die Korruption und gegenwärtige soziale Ungerechtigkeiten in den Städten, und wagt es gleichzeitig, die Rechte der Armen und Unterdrückten einzufordern (5,7.10). Außerdem erhebt sich der Prophet gegen eine falsche religiöse Sicherheit, in der sich das Volk wiegt, das sich auf seine Erwählung durch Gott stützt und vergisst, dass diese auch Pflichten gegenüber dem Nächsten mit sich bringt, die das Volk nicht mehr erfüllt, und infolgedessen sein Verhältnis mit Gott bricht. Für Amos ist ein solcher Kult, reduziert auf äußerliche Reinheitspraktiken (5,21 ff.), weit entfernt von seinem ursprünglichen Sinn. Stark in seinem Glauben an einen gerechten Gott, der das Heil für alle Menschen will, hat der Prophet den Mut, dem Heiligtum von Bet-El mit der göttlichen Verwerfung zu drohen (5,4-6).

Amos prophezeit den Untergang des Nordreichs [3]. Durch die Verurteilung der Verantwortlichen, die der untragbaren Ungerechtigkeiten schuldig sind, wird das ganze Regime, in dem das Volk lebt, angeprangert (5,7 ff.; 5,16 ff.; 6,8 ff.). Gleichzeitig entzündet er einen Funken der Hoffnung, eine Heilsperspektive für das Haus Jakobs (9,11 ff.), für den „Rest“ Josefs (5,15) [4]. Die Botschaft Gottes, des universellen Herrn, des Verfechters der Gerechtigkeit, wird mit unerschütterlicher Gewissheit verkündet. In seinem „Urteil über die Nachbarvölker Israels“ (1,3-2,16), zeigt Amos seinen Glauben in die Gerechtigkeit Gottes, die alle Völker betrifft. Wenn auch die Anklagen des Amos von vorneherein scheinbar nur die Nachbarvölker Israels betreffen, was den Nationalstolz befriedigen könnte, so stellt sich sehr schnell heraus, dass der Prophet sich auch der Missetaten Israels annimmt. Es wird auch offenkundig, dass Gott nicht der Nationalgott Israels, sondern der Gott aller Völker ist.

Das Ende des Buches zeigt eine Perspektive der Erneuerung und Fruchtbarkeit auf (9,11-15), doch diese wird nicht Wirklichkeit werden, wenn es keine Bekehrung gibt. Diese Bekehrung führt zu einem glücklichen Ende, das den Heilswillen Gottes für alle Menschen offenbart, unter der Bedingung, dass sie diesen aktiv annehmen. Amos beabsichtigt jene „aufzurütteln“, an die er sich wendet, sie aus ihrer Apathie und Gleichgültigkeit herauszureißen, und ihnen die Augen bezüglich ihrem eigenen Handeln und dem der anderen, zu öffnen. Er möchte sie retten und das Gericht von ihnen abwenden, indem er ihnen zeigt, was schlecht ist und sie zu mehr Solidarität und Gerechtigkeit antreibt.

Fragen:

-  Inwiefern betrifft die Botschaft des Amos uns heute?
-  Auf welche Art und Weise spricht der Glaube des Amos unseren eigenen Glauben an?

[1Ungefähr 9 km südöstlich von Bethlehem, im Land Juda, an der Grenze zwischen der Steppe und dem fruchtbaren Land.

[2Die Sykomoren sind eine bestimmte Art des Feigenbaums.

[3Das angekündigte Gericht scheint vierzig Jahre nach der Verkündigung des Amos statt zu finden, als 722 v. Chr. Israel und seine Hauptstadt Samaria in die Hände der Assyrer fallen, die herrschende Elite der Bevölkerung in die Deportation verschleppt wird und Israel verschwindet.

[4Der Ausdruck wird hier zum ersten Mal in der prophetischen Literatur gebraucht.

 
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