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Der Glaube von ... Maria Magdalena

Bild: Julia Meuer

Maria von Magdala [1] wird an vierzehn Stellen in den Evangelien erwähnt und darunter in drei entscheidenden Momenten des Lebens Jesu: in Begleitung Jesu während seines öffentlichen Auftretens, am Fuß des Kreuzes und am Morgen der Auferstehung. Sie wird dargestellt als Teil einer Gruppe von Frauen, die „begleiteten“ und „dienten“. [2] Der Gebrauch dieser Verben fasst das tiefere Dasein der Jünger zusammen: der griechische Terminus akoluthein kann zugleich Christus „folgen“ und „begleiten“ bedeuten (Mk 1,18; 2,14; 10,21; 10,28) und der Terminus diakonein bedeutet „sich in den Dienst“ des Reiches Gottes „stellen“ (Mk 1,13.31; 9,35; 10,45). Wenn es auch wahr ist, dass die Evangelien die Frauen nicht ausdrücklich als „Jünger“ bezeichnen, so lassen sie doch ganz klar durchscheinen, dass ihnen dieser Status geläufig ist.

Im Gegensatz zu den synoptischen Evangelien bekräftigt Johannes, dass Maria von Magdala, ebenso wie andere Frauen, am Fuß des Kreuzes zugegen war (Joh 19, 25). Die Synoptiker stellen sie mit einer Gruppe von Frauen dar, die das Kreuz aus der Ferne betrachten und bei der Grablegung Jesu assistieren (Mt 27,55.61; Mk 15,40.47; Lk 23,49.55). Alle Evangelien erwähnen die Gegenwart Maria von Magdala am Grab zusammen mit anderen Frauen, die, nachdem sie wohlriechende Salben gekauft haben, noch vor Ende der Nacht zum Grab aufbrechen, um die Bestattung schließlich zu vollenden (Mt 28,1; Mk 16,1-2; Lk 24,1; Joh 20,1). Während sie bei den Synoptikern Teil der Gruppe von Frauen ist, denen Jesus erscheint, befindet sie sich bei Johannes allein. Und obwohl sich alle Evangelien darin entsprechen, dass es die Frauen sind, die den Aposteln die Auferstehung verkündet haben, verdanken wir es dem vierten Evangelium, dass Maria Magdalena von der Tradition den Titel „Apostelin der Apostel“ erhält.

Der Text von Johannes (20,1-18) macht vor allem Gebrauch von einem für dieses Evangelium äußerst typischen theologischen Symbolismus um den Glaubensweg der Freundin Jesu zu beschreiben. Diese kann verstanden werden als eine Figur der Gemeinschaft, die in ihrem Leben die Erfahrung mit dem auferstandenen Jesus gemacht hat. Nach dem Sabbat, bei Anbruch des ersten Tages der Woche, begibt sich Maria von Magdala an das Grab. Diese zeitliche Angabe kann als theologischen Hinweis verstanden werden, der diskret darauf aufmerksam macht, dass eine neue Zeit begonnen hat, ein neuer Tag anbricht, aber Maria sieht nur eine Sache: der Stein ist vom Grab weggerollt worden. Aus dieser überraschenden Tatsache leitet sie ab, dass man „den Herrn aus dem Grab weggenommen, und wir wissen nicht, wohin man ihn gelegt hat“ (20,2b) und mit dieser Nachricht läuft sie zu Simon-Petrus und dem anderen Jünger, den Jesus liebte. Aber im Gegensatz zu den beiden Jüngern geht Maria nicht in das Grab hinein, sondern hält sich draußen auf und weint. Zwischen ihr und Jesus ist nichts mehr als die große Leere des Grabes, die sie untröstlich macht.

Plötzlich wird der Ort der Abwesenheit zum Ort der Offenbarung; denn dort wird Maria erst von den Engeln, schließlich von Jesus selbst, nach den Gründen für ihre Verzweiflung gefragt: „Frau [3], warum weinst du?“ (Vv.13f). Maria, noch immer unfähig Jesus zu erkennen – sie hält ihn für den Gärtner – antwortet, dass sie den Körper des Mannes sucht, den sie aus tiefstem Herzen geliebt hat, den der Tod ihr aber für immer entrissen hat. Und diesen Körper, einziges Überbleibsel an das sie sich noch klammern kann, will sie wiederfinden und an sich binden.

Da spricht Jesus sie mit ihrem Namen an: „Maria“ [4] . Als sie seine Stimme hört, dreht Maria sich um. In diesem Moment erkennt sie ihn und nennt ihn „Rabbuni“, was noch immer eine Art und Weise ist, zum Verhältnis vor der Passion zurückzukehren. Aber kaum hat sie ihn wiedererkannt, sagt Jesus ihr „halte mich nicht fest“ (Joh 20,17), was Maria zeigt, dass die Auferstehung eine neue Art der Beziehung zwischen ihm und seinen Jüngern mit sich bringt. Für ihn beginnt ein neues Leben, aber auch für sie; denn sie bekommt von Jesus den Auftrag, den Jüngern diese vollkommen neue Zukunft zu verkünden, die Jesus eröffnen wird. Maria folgt diesem Befehl unverzüglich, indem sie das Grab hinter sich lässt. Der, den sie den Jüngern verkündet, ist nicht mehr „ihr“ Herr (V.13), nicht mehr der „Rabbuni“ (V.16), er ist „der Herr“ (V.18), was ihnen bewusst macht, dass derjenige, der Ihn auferweckt hat, nicht nur sein Vater, sondern der Vater von allen ist (V.17). Von nun an können die Jünger die Erfahrung des auferstandenen Jesus machen, indem sie die Geschwisterlichkeit in der Gemeinschaft leben.

Maria von Magdala bleibt auch für uns heute das Modell des Jüngers. Sie war in der Lage weiter an Jesus zu glauben, trotz der Ereignisse des Kreuzes. Ihre Treue hat ihr die Wahl Jesu eingebracht, sie zur ersten Verkünderin seiner Auferstehung zu machen. Eine Wahl, die ihr zugleich den Titel Apostelin der Apostel eingebracht hat. Leider fand die Erzählung der Erscheinung vor Maria von Magdala aus dem Johannesevangelium keine Aufnahme in das Lektionar der Sonntage der Osterzeit. Sie ist verschoben worden auf den Dienstag nach Ostern. Daher kennen viele Christen, die eher die Sonntagsmesse besuchen als die Evangelien selbst zu lesen, diesen teilweise sehr bedeutenden Text vermutlich nicht. Die Hartnäckigkeit der volkstümlichen Religiosität hingegen konnte die Gestalt der Maria Magdalena lebendig halten.

Fragen:

- Maria von Magdala konnte dem Auferstandenen begegnen, indem sie ihren Blick von der Vergangenheit zur Zukunft gerichtet hat. Zu welcher Bekehrung lädt sie die Christen ein?

- Wie stellt die Figur der Maria von Magdala den Platz der Frau in der Verkündigung des Evangeliums dar?

- Inwiefern spricht die Gestalt der Maria von Magdala unseren eigenen Glauben und den Glauben der Kirche an?

[1Maria“ war ein geläufiger weiblicher Vorname. Joh 19,25 berichtet, dass sich nahe beim Kreuz Jesu seine Mutter, die Schwester seiner Mutter, Maria, die Frau des Klopas und Maria von Magdala aufhielten. Mk 16,1 spricht weiter von einer Maria, Mutter des Jakobus, unter der Gruppe von Frauen, die sich zum Grab begeben. Um all diese Marien zu unterscheiden, ordnen die Evangelien sie daher ihrem Mann oder ihrem Sohn zu. Im Fall der Maria von Magdala, wird die Unterscheidung durch die Angabe des Dorfes gemacht, in dem sie gelebt hat.

[2Zur Zeit Jesu waren Kranke und Sünder von der Gesellschaft ausgeschlossen. Die Erklärung war immer dieselbe: sie standen unter dem Einfluss von „Dämonen“. Ohne eine weitere Präzisierung sagt uns Lk 8,2, dass Maria aus dieser Ausgrenzung herausgelangt ist. Seit Gregor dem Großen (+604) ist man der Ansicht, dass die Erwähnung der „sieben Dämonen“ beweisen würde, dass Maria von Magdala ein sündiges Leben geführt hätte, bevor sie von Jesus geheilt wurde und sich zu seinem Evangelium bekehrt hatte. Allerdings gelangt dieser Text nicht zu einer derartigen Folgerung. Man kann festhalten, dass Maria, ebenso wie Petrus als Haupt einer Gruppe von Männern, als Kopf einer Gruppe von Frauen eingeordnet wird.

[3Zweimal wird Maria als „Frau“ angesprochen, einmal hier durch die Engel und ein andermal von Jesus selbst (V.15). Durch diese Anrede wird Maria von Magdala zum Symbol des neuen Volkes, zur Braut des Messias-Bräutigams, die ausgesandt wird zu verkünden, dass der Herr lebt; sie ist auch Symbol der neuen Schöpfung, die durch dieses neue Paar in diesem neuen Garten beginnt.

[4In der Bibel bedeutet ein Name mehr als nur eine Anrede: er ist Ausdruck der grundlegenden Identität der Person. Mit seinem Namen angesprochen werden, bedeutet im tiefsten innern der Person berührt zu werden, an dem Ort, wo der Mensch auf die Stimme Gottes hören und von seiner Botschaft leben kann (vgl. Joh 10, 2-4)

 
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