Michael Gmelch: Refugees welcome - Eine Herausforderung für Christen.

Religiöses Buch des Monats Februar 2016

Der Ambo aus einem Ruder und einem Steuerrad, der Altar aus dem Rumpf eines Flüchtlingsbootes – als Papst Franziskus 2013 Lampedusa besuchte, gab er mit allen ihm zur Verfügung stehenden Gesten und Symbolen zu verstehen, wie wichtig ihm die Solidarität mit den Flüchtlingen und Habenichtsen unserer Welt ist. Seine Botschaft lautet: Verschließt nicht die Augen und die Herzen vor dem Elend der Tausenden, die übers Mittelmeer nach Europa kommen, sondern helft ihnen!

Gemeinsam mit vielen anderen engagieren sich Christinnen und Christen für die Flüchtlinge. Dabei ist eine „Willkommenskultur“ entstanden, die die Deutschen sich wohl selbst nicht zugetraut hätten. Michael Gmelch, Marineseelsorger und Pastoraltheologe, verschafft mit seinem Buch diesem vielfältigen Engagement eine theologische Grundlage und stärkt allen den Rücken, die für die Debatte um die Flüchtlinge Argumente brauchen. Außerdem bietet er eine Vision für den Beitrag, den die Pfarreien bei der Integration leisten können.

Nachdem Flüchtlinge an vielen Orten mit offenen Armen aufgenommen wurden, besteht die Herausforderung darin, langfristige Lösungen zu schaffen. Die Pfarrgemeinden könnten dabei zu Laboratorien werden, hofft Gmelch, in denen erprobt wird, auf welche Weise Integration, verstanden als interreligiöses und interkulturelles Miteinander, möglich ist. Er erinnert dazu an ein Vatikan-Dokument, das bereits 2004 erschienen ist. Die Migranten böten den Gemeinden die Möglichkeit, heißt es darin, die eigene „Katholizität zu überprüfen, die nicht nur darin besteht, verschiedene Volksgruppen aufzunehmen, sondern vor allem darin, unter diesen ethnischen Gruppen eine Gemeinschaft herzustellen.“

Damit steht die ganze Gesellschaft vor einer epochalen Herausforderung. Um sie zu bestehen, ist es wichtig, einen Ausgleich zwischen Barmherzigkeit und Gerechtigkeit zu schaffen. Niemandem helfe es, so Gmelch, wenn sich Einzelne oder die Gesellschaft überfordere. Diese Gerechtigkeit zu fordern, Lösungen zu entwickeln und dazu das Gespräch mit allen Beteiligten – also auch mit den Flüchtlingen - zu fördern, sieht er auch als Aufgabe der Kirche.

Der willkommene Nebeneffekt der Flüchtlingskrise besteht in Gmelchs Augen in der Chance, dass sich die katholische Kirche in Deutschland dadurch aus ihrer Selbstbezogenheit befreit und wieder stärker in die Gesellschaft hineinwirkt. Dazu sei allerdings auch die Bereitschaft nötig, ehrenamtliches Engagement zuzulassen und zu fördern, ohne nach Taufschein und Gottesdienstbesuch zu fragen.

Die öffentliche Diskussion zeigt, dass längst nicht alle Menschen – auch nicht alle, die sich als Christen bezeichnen - bereit sind, Flüchtlinge aufzunehmen. Deshalb macht Gmelch unmissverständlich deutlich, dass Gastfreundschaft und die Sorge für den Fremden zum christlichen Selbstverständnis gehören. Denn im Fremden begegnet uns Gott. Darum könne sich kein Christ der Sorge für die Flüchtlinge entziehen.

Michael Gmelch untermauert seine Überlegungen durch eigene Erfahrungen. Als Seelsorger begleitete er einen Marineeinsatz zur Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer. Außerdem besuchte er Lampedusa, um sich ein Bild von der Situation der Einheimischen und der Flüchtlinge dort zu machen. Sein Buch beschreibt, auf welche Weise sich die Katholiken in Deutschland der Herausforderung stellen können, Hunderttausende Flüchtlinge zu integrieren. Damit bietet Gmelch eine zukunftsweisende Perspektive nicht zuletzt für die Pfarreien und leistet einen wichtigen Beitrag zur Debatte um die Flüchtlingskrise.

Als „Religiöses Buch des Monats“ benennen der Borromäusverein, Bonn, und der St. Michaelsbund, München, monatlich eine religiöse Literaturempfehlung, die inhaltlich-literarisch orientiert ist und auf den wachsenden Sinnhunger unserer Zeit antwortet.

Verlag: Echter 2016
189 Seiten

 
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