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Der Glaube von ... Jona

Bild: Julia Meuer

Das Buch Jona wurde etwa im 3. Jahrhundert vor Christus [1] verfasst. Es ist eines der Prophetenbücher, aber im Gegensatz zu diesen, die hauptsächlich aus Aneinanderreihungen von Weissagungen bestehen, ist dieses Buch wie ein Roman verfasst. Eine andere Einzigartigkeit des Buches Jona [2] ist die Folgende: Jona ist der einzige Prophet des Alten Testaments, der zu einer heidnischen Stadt gesandt wird und darüber hinaus auch der einzige Prophet, der sich dem Auftrag Gottes widersetzt. Für Jona war es nicht hinnehmbar, den Feinden Israels den Vergebungswillen Gottes zu verkündigen.

Der Text besteht aus drei Teilen. Im ersten Teil wird Jona vorgestellt, der vor dem Auftrag Gottes flieht: er sollte in Ninive predigen - der Hauptstadt der Assyrer, der Feinde Israels - um ihre Einwohner zur Umkehr zu bringen. In Jafo besteigt Jona ein Schiff „um nach Tarschisch mitzufahren, weit weg vom Herrn“ (1,3). Während der Überfahrt erhebt sich ein heftiger Sturm. Der Kapitän fordert Jona auf, zu seinem Gott zu beten anstatt zu schlafen (V. 7). Aber als die Besatzung erfährt, dass Jona versucht, sich aus der Gegenwart Gottes zu entfernen, „da bekamen die Männer große Angst“(V. 10). Allerdings warfen sie ihn nicht ins Meer, um das Unwetter zu beruhigen, sondern auf seinen eigenen Wunsch hin und nachdem sie den Herrn zuvor im Gebet angefleht hatten, ihnen den Tod dieses Mannes nicht anzulasten (V. 14). Sobald sich das Meer beruhigt hatte, „ergriff die Männer große Furcht vor Jahwe und sie schlachteten für Jahwe ein Opfer und machten ihm viele Gelübde“ (V. 15). Der Autor stellt hier den Glauben der Heiden der Weigerung des Jona gegenüber, die eines hebräischen Propheten nicht würdig ist.

Aber der zweite Teil zeigt, dass im Gegensatz zu der Meinung der Matrosen, der Gott Jonas, nicht den Tod des Sünders will: ohne auf irgendwelche Bitten Seitens des Jona zu warten, eilt Gott diesem zur Hilfe. Er schickt ihm einen Fisch [3] , der Jona verschlingt und nach drei Tagen [4] wieder ans Ufer spuckt. Während dieser drei Tage betet Jona zu Gott, denn er bereut es, dem Willen Gottes nicht gehorcht zu haben. Er erkennt jetzt an, dass Gott der Retter ist und verspricht, ihm zu gehorchen (2,10).

Im dritten Teil beauftragt Gott Jona von Neuem nach Ninive zu gehen und der Stadt mit ihrer Zerstörung zu drohen, falls sie nicht bereue. Jona gehorcht und bricht auf. Er verkündet der Stadt ihre baldige Zerstörung und ist hiermit erfolgreich: die Bevölkerung Ninives bekehrt sich zu Gott, legt ihr Büßergewand an und selbst der König setzt sich in die Asche als Zeichen der Reue und der Umkehr (3,6-9). Gott beschließt also die Stadt vor der Zerstörung zu bewahren (V. 10). Die gläubige Haltung der Einwohner Ninives, erbost Jona anstatt dass er sich darüber freuen kann. Er, der die Barmherzigkeit Gottes erfahren hat, kann nicht akzeptieren, dass Gott auch denjenigen gnädig ist, die Jona für schlecht und verloren ansieht.

Erzürnt über Gott, weil er sich überflüssig und von Gott ausgenutzt fühlt, geht Jona so weit, dass er Gott im Gebet bittet, ihm das Leben zu nehmen (4,3). Gott antwortet, indem er Jona bittet noch einmal darüber nachzudenken, warum er so zornig ist und fragt ihn nach dem Grund seiner Haltung: „Ist es recht von dir, zornig zu sein?“ (4,4).

Weil er wissen wollte, was mit der Stadt geschehen wird, setzt sich Jona in den Schatten eines Laubdaches, dass er selbst baute, und wartet. Gott lässt daraufhin eine Pflanze wachsen, um Jona Schatten zu spenden und dessen Wut zu beruhigen (4,6). Aber am nächsten Tag schickt Gott einen Wurm der die Pflanze eingehen lässt (4,7). Verstört durch den Verlust der Pflanze, bittet Jona Gott noch einmal, ihn sterben zu lassen (4,8). Gott befragt ihn erneut, um zu erfahren, ob Jona das Recht hatte, durch den Verlust der Pflanze verletzt zu sein. Jona bejaht dies. Gott vergleicht daraufhin die Beziehung Jonas zu dieser Pflanze, für die er nichts tat mit Gottes Fürsorge für die Stadt Ninive, ihren 120 000 Einwohnern [5] und deren Vieh.

Das Buch Jona ist eine Anklage gegen den Nationalismus, und auch Spott gegen den Partikularismus erscheint hier unverschleiert in einem nachexilischen Kontext, in dem das Volk Israel sich als das einzige erwählte Volk sieht, da es allein den Glauben an Gott bewahrte. Israel ist aufgerufen, sich zum einen mit der Figur des Jona, dem ungehorsamen Propheten, zum anderen aber auch mit der heidnischen Stadt, die fähig war das Wort Gottes zu verstehen und zur Erkenntnis und zur Umkehr zu gelangen zu identifizieren.

Die Figur des Jona wird in den Evangelien wieder aufgenommen, um den Sinn des Lebens und des Todes Jesu zu erklären. Einerseits erlaubt sie es, seine universalistische Praxis zu rechtfertigen (Mt 12,41; Lk 11,32) und andererseits wird sie als Relektüre genutzt, um den Tod und die Auferstehung am dritten Tag zu beleuchten (Mt 12,39-41; 16,4 und Parallelen). Darüber hinaus sind das Buch Jona und die Evangelien vereint in ihrer Einladung unseren Feinden zu verzeihen und sie zu lieben [6]. Gott ist größer als unser Herz, er vergibt den Heiden zum größten Entsetzen des „guten“ Menschen denn er ist der Vater aller Menschen und er will, dass sie gerettet werden und das Leben (in Fülle) haben.

Fragen:

- Was denken wir über die Haltung Jona gegenüber Gott? Hat er Recht und einen Grund ihm zornig zu sein? Warum?
- Wie beeinflusst die Figur des Jona unseren Glauben an Gott und unser Gottesbild?
- Wie genau sollte die Tatsache, dass wir glauben, dass Gott alle Völker liebt, unser christliches Verhalten beeinflussen?

[1KNAUF E., Introduction à l’Ancien Testament, Labor et Fides, 2004, Ss. 420-426.

[2Der Name Jona bedeutet «Taube» und kann als die Taube des Noah, als Symbol für den universellen Bund Gottes mit der Menschheit verstanden werden.

[3Das Motiv des Menschen, der von einem Ungeheuer verschluckt wird und unversehrt entkommt, findet sich in indischen, ägyptischen und auch in griechischen Sagen. Dies könnte eine Metapher sein, um den Menschen zu symbolisieren, der in seine tiefsten Abgründe blickt und ihnen nur entkommt, indem er sein Sein verändert. Folglich symbolisiert die Erfahrung des Jona den freien Willen und die Fähigkeit des Menschen zur Umkehr.

[4Im Alten Testament erinnern die «drei Tage» unter anderem an folgendes: eine Zeit des Gebetes und der Umkehr (Est 4,16; 5,1; cf.1Mak 10,34); eine Zeit verbunden mit dem Auszug aus Ägypten und dem Eintritt in das gelobte Land (Ex 19,11.16; Jos 1,11; cf.1Mak 5,24) und die Zeit der Umkehr, nach der der Gerechte oder das Volk von Gott gerettet wird (Os 6,1-2).

[5120.000 ist eine symbolische Zahl, die Universalismus ausdrückt. Als Mehrfaches von 12 (die zwölf Stämme Israels) kann diese Zahl auch audrücken, dass alle Völker die Völker Gottes sind.

[6Vgl. Mt 5,43-48; Lk 6,27-28.32-36.

 
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