Die neue Sankt-Willibrorduskirche in Niederkerschen

In diesen Tagen darf die am vergangenen 23. Mai konsekrierte Pfarrkirche von Niederkerschen erstmals das Patroziniumsfest des heiligen Willibrord begehen. Auf Vorschlag der Pfarrgemeinde selbst sollte nämlich der Echternacher Glaubensbote Schutzheiliger der neuen Kirche werden, nachdem die früheren Gotteshäuser in Niederkerschen dem heiligen Maximin von Trier geweiht waren. Somit hat begrüßenswerterweise die Willibrordusverehrung in Luxemburg eine weitere neue Heimstätte gefunden. In der Wahl der neuen Namensgebung liegen Sinn und Zielsetzung des jüngsten katholischen Kirchengebäudes Luxemburgs begründet. Unter dem Leitbild des Echternacher Heiligen, des zweiten Schutzpatrons der Diözese, soll es inmitten einer aufstrebenden Ortschaft Begegnungsstätte des Volkes Gottes sein und in seiner vielfältigen Dienstfunktion die Menschen zur Christusgemeinschaft hinführen. Um diese Zielsetzung zu erreichen, erstreckte das Bauprogramm, das ab September 1973 in einer durch Bürgermeister Robert Steichen zusammengerufenen Konsultationskommission etappenweise erarbeitet wurde, sich nicht nur auf einen neuen Kirchenbau, dessen Notwendigkeit seit langem sich aufdrängte, und für dessen Verwirklichung bereits Pfarrer Antoine Ruppert die ersten Schritte eingeleitet hatte. Dank der Aufgeschlossenheit der Pfarrgemeinde unter Pfarrer Emile Schaefers sowie der engen Zusammenarbeit zwischen Kirchenfabrik und „Oeuvres Paroissiales“ einerseits, Schöffenrat, Gemeindeverwaltung und staatlichen Instanzen anderseits, wurde es möglich, inmitten der Ortschaft ein eigenes Pfarreizentrum, das Kirche, Pfarrwohnung und Pfarrheim mit Gruppenräumen umgreift, aus einer einheitlichen Planung heraus entstehen zu lassen. Verantwortlich für diese Planung wurde die Architektenarbeitsgemeinschaft Haagen- Ewert- Jegen, wobei die nähere Ausarbeitung des Projekts in den Händen von André Haagen lag, während die Firma Alleva aus Petingen den Bau in Betonkonstruktion ausführte. Das neue Pfarrzentrum, das den pastoralen Aufgaben und der Sendung einer Pfarrei in der Stunde von heute gerecht werden möchte, soll gleichzeitig einen neuen Akzent ins Ortschaftsbild setzen. Seine relativ niedrig konzipierte Architektur, umgeben von einem geräumigen und interessant aufgegliederten Vorplatz, wird sich in eine größere Grünfläche integrieren, deren Verwirklichung demnächst, nach dem Abtragen der alten Kirche aus dem 19. Jahrhundert, in Angriff genommen wird, so daß das neue Zentrum und seine Umgebung zu vielfältiger Begegnung einladen können.

Der Kirchenraum selbst, polygonalförmig gestaltet, strahlt dank Baumaterialien, Farbgebung und den von Gustav Zanter entworfenen und ausgeführten Betonsprossenfenstern, die dickes, farbiges Glas einfassen, eine freundliche und einladende Atmosphäre aus. Sie trägt wesentlich dazu bei, daß der Raum im Dienst an der Begegnung zwischen Gott und Mensch sowie am Zusammenwachsen der Pfarrgemeinde selbst steht. Eine sammelnde Kraft bestimmt das Raumgefüge, das fächerförmig um den Altarbereich angeordnet ist und die Sängerschaft sowie den einzelnen unwillkürlich in die gottesdienstliche Gemeinschaft eingliedert. Seitlich wird der Hauptraum durch eine „Werktagskapelle“ erweitert, in welcher demnächst eine polychromierte Holzstatue des bekannten Südtiroler Künstlers Josef Rifesser aus Ortisei Aufstellung findet.

Der Blick der gottesdienstlichen Gemeinschaft wird sinnvoll über den in einfachen Formen konzipierten Altarblock auf die den Hintergrund schmückende und belebende Kreuzigungsgruppe hingelenkt. Bis vor kurzem war diese monumentale Kreuzigungsgruppe, deren Sockel ein Pietà-Relief trägt, vor dem Turm der alten Kirche aufgerichtet. Aus dem späten 17. oder frühen 18. Jahrhundert stammend, darf sie als recht ausdrucksvolles Bildzeugnis christlichen Glaubens, das viele Generationen in der Pfarrei Niederkerschen bis auf den heutigen Tag begleitet hat, eingeschätzt werden. So bedeutet ihre Übertragung in die Willibrordus-Kirche

begrüßenswerterweise ein sinnvolles Bekenntnis zur Kontinuität im Glaubensleben. Gleichzeitig ist durch die Aufstellung im neuen Altarraum ein Anliegen kirchlicher Denkmalpflege berücksichtigt worden, zählt doch die Kreuzigungsgruppe mitsamt dem barocken Predigtstuhl zu den leider nur recht spärlich erhaltenen Kunstgegenständen der alten Pfarrei.

Aus denselben Überlegungen heraus ist eine wertvolle Madonnenstatue aus dem 18. Jahrhundert seitlich vom Altarraum in einer Wandnische aufgestellt worden. Auch sollen der Predigtstuhl sowie die in den 50ger Jahren von Joseph und Emile Probst ausgeführten figurativen Glasfenster, die den Chorraum der alten Kirche schmücken, vor Abbruch der Kirche im Pfarrzentrum neue Verwendung finden.

Leider läßt sich noch nicht ein abschließendes Gesamtbild der künstlerisch- liturgischen Innenwelt der neuen Willibrordus-Pfarrkirche gewinnen, da die Ausstattung bis auf den heutigen Tag infolge großer Verzögerung in den Terminen noch nicht abgeschlossen werden konnte. Namentlich die Gestaltung der Fenster der Werktagskapelle, denen ein großes Gewicht in der künstlerischen Konzeption des Raumes zukommt, steht noch aus.

Dennoch haben die ersten Monate nach der Einweihung gezeigt, daß die neue Willibrordus-Kirche in Niederkerschen die an sie gestellten Erwartungen erfüllt und das gottesdienstliche Leben fördert. In ihren Mauern spiegelt sich der Einsatz vieler Überzeugungen und Kräfte von seiten der Pfarrei und der Gemeindeverwaltung während langen Jahren wieder. Ihnen ist es zu verdanken, daß die Willibrordus-Kirche mit dem sie umgebenen Pfarrzentrum zu einer wichtigen und fruchtbringenden Begegnungsstätte geworden ist.

Quelle: Luxemburger Wort / Freitag, den 5. November 1982 / M. Schmitt

 
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